Halles älteste Sporthalle

Die Entwicklung von der Spielwiese zum Turnplatz vollzog sich seit dem 16. Jahrhundert. Parallel zu den Ritterakademien (Bildungsanstalten für die Söhne adeliger Familien) mit ihren Reitbahnen, Ball-, Fecht- und Tanzhäusern wurde seit dem 18. Jahrhundert auch für Gymnasien das Turnen als Ausgleich für die geistige Beanspruchung gefordert und am Philanthropin in Dessau (Bildungsinstitut für Söhne des Adels und wohlhabender Bürger, Dessau 1774 – 1793, heute: Gymnasium Philanthropium) praktiziert. In der Restaurationsphase (1814 bis 1830) galten allerdings die Turnstätten als Tummelplätze demagogischer Umtriebe und wurden mit reaktionären Verboten belegt. Erst als das Turnen in seiner Bedeutung für die Wehrertüchtigung erkannt worden war und Friedrich Wilhelm IV. in einer Kabinetts-Order von 1842 “die Leibesübungen als notwendigen und unentberhlichen Bestandteil der gesamten männlichen Erziehung” bezeichnet hatte, nahm auch der Turnunterricht an den Schulen einen großen Aufschwung und war mit der Anlagen von Sportplätzen und dem Bau von Turnhallen verbunden, die bald obligatorisch zum Programm des Schulhauses gehörten. Für Jungen war das Turnen als Lehrfach bereits 1843 eingeführt worden, während die Mädchen erst ab 1877 turnten.

In den Franckeschen Stiftungen war der Sportunterricht frühzeitig eingeführt worden. Dank einer Spende konnten bereits 1838/39 am Rande der Plantagen ein Sportplatz geschaffen und eine Turnhalle gebaut und mit den gebräuchlichen Turngeräten ausgestattet werden. Im Vergleich zu den beiden neueren Turnhallen erhielt die ältere, später von den Schülern den nicht gerade schmeichelhaften Namen “Kuhstall” verliehen. Die Einrichtung von Turn- und Sportstätten griff der Entwicklung der städtischen Schulen weit voraus.

Historische Ansicht der Jahnturnhalle
Historische Ansicht der Jahnturnhalle

Die ersten Schulneubauten in Halle, die Realschule der Franckeschen Stiftungen, 1856/67 nach Plänen von Friedrich Wilhelm Ernst Steudner und die Alte Volksschule am Waisenhausring, 1860 bis 1862 errichtet, wurden keine Turnhallen hinzugefügt. Da also zunächst noch nicht jede Schule eine Turnhalle besaß und die Gewohnheit bestand, eine Turnhalle durch mehrere Schulen nutzen zu lasen, errichtete man in den Jahren 1862/63 unter dem Stadtbaumeister Herschenz auf dem Roßmarkt vor dem äußeren Steintor (Berliner Straße) für die städtischen Schulen eine mit Klinkern verblendetet massive Turnhalle, die noch heute ihrem vorbestimmten Zweck dient. Auch im Freien konnte Sport getrieben werden. Ein Teil der Turngeräte war an dem hinter der Halle gelegenen terrassierten Wege aufgestellt.

Erst für das Stadtgymnasium (1867-1869) wurde von vornherein eine Turnhalle konzipiert. Wie schon für die Turnhalle am Roßplatz wurde nun auch erstmals für einen Schulbau in Halle der Ziegelrohbau verwandt, der für viele Jahre zur bevorzugten Bauweise für Schulen avancierte.

Die Turnhalle an der Berliner Straße ist also nicht nur wegen ihres Alters, sondern auch wegen ihrer Vorbildwirkung in das Denkmalverzeichnis der Stadt Halle aufgenommen worden und verdient unsere Bemühungen, al Denkmal und als Sportstätte erhalten zu werden.

Literatur: Historische Schulgebäude der Stadt Halle (Saale), hrsg. von Dieter Dolgner in Zusammenarbeit mit Angela Dolgner, Halle 2003

Entstehung der Jahnturnhalle